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Jahrhundertraub in Dresdens Grünem Gewölbe


Drei Fragen an ERGO Kunstexpertin Julia Ries

Magazin, 26.11.2019

Am frühen Montagmorgen wurde in das Grüne Gewölbe in Dresden eingebrochen. Drei Juwelengarnituren wurden gestohlen – es ist der wohl größte Kunstraub der modernen Geschichte. Wir haben mit Julia Ries, Leiterin der ERGO Kunst- & Valorenversicherung, darüber gesprochen, ob der Schaden versichert ist.

 ERGO Kunstexpertin Julia Ries

Frau Ries, waren die Objekte im Grünen Gewölbe versichert?

Wir können bestätigen, dass das Grüne Gewölbe, das zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehört, nicht bei uns versichert ist.

Es ist allerdings naheliegend, dass das Museum auch bei keinem anderen privatwirtschaftlichen Versicherungsunternehmen versichert ist, sondern über die sogenannte Staatshaftung. Das Risiko verbleibt hier beim jeweiligen Träger des Museums, das ist im Fall eines staatlich betriebenen Museums der Bund oder das Bundesland, in Einzelfällen auch die Gemeinde. Für Museen der öffentlichen Hand ist die Staatshaftung attraktiv, da keine Versicherungsbeiträge zu entrichten sind.

Welche Rolle spielt die Sicherheit bei der Versicherung – wie sollten Kunstwerke gesichert sein?

Die adäquate Sicherung wertvoller Exponate spielt eine sehr große Rolle aufgrund der Begehrlichkeit solcher Stücke für Diebe. Allerdings können auch die besten Sicherheitsvorkehrungen überwunden werden. Es ist hier zum Beispiel denkbar, dass Diebe Kontakte in die Struktur des Museums hatten, etwa durch interne Komplizen.

Die Täter sind laut Polizei durch ein Fenster eingedrungen und haben gezielt die Vitrine mit den Schmuckstücken zerschlagen. Videoaufnahmen zeigten zwei Täter. Zeitgleich kam es zu einem Stromausfall im Bereich des Museums. Ein Zusammenhang ist noch nicht geklärt, könnte aber den Einstieg der Täter in das Museum begünstigt haben.

Die Tat muss gut vorbereitet gewesen sein, es ist hier nicht von einer spontanen Tat auszugehen. Die Sicherungen des Museums werden in informierten Kreisen als sehr gut bewertet.
 
Was passiert mit den Objekten, die gestohlen wurden – was sind sie wert?

Bei den gestohlenen Objekten handelt es sich den Pressemeldungen zu Folge um drei Juwelengarnituren aus dem 18. Jahrhundert (es handelt sich offenbar um eine Diamantengarnitur mit 20 Teilen, eine Brilliantengarnitur sowie eine Diamantrautengarnitur mit jeweils 37 Teilen), die aus dem Grünen Gewölbe des Dresdner Residenzschlosses geraubt wurden. Marion Ackermann, Generaldirektorin Staatliche Kunstsammlungen Dresden, wird wie folgt zitiert: „Es ist der Staatsschatz des 18. Jahrhunderts.“

Nach unseren Erfahrungen werden Schmuckstücke in der Regel nicht wegen ihres historischen Wertes gestohlen, sondern aufgrund der hohen Wertkonzentration. In der Regel gibt es auch nicht den geheimnisvollen Auftrag eines unbekannten Sammlers. Schmuck wird nach der Tat oftmals in seine Bestandteile aufgeteilt. Diamanten werden ggf. umgeschliffen und weiterverkauft. Gold wird eingeschmolzen. So gerät Diebesgut in den Wirtschaftskreislauf und kann nicht mehr zurückverfolgt werden. Die einzelnen Schmuckstücke wären für sich genommen unverkäuflich aufgrund ihrer historischen Bedeutung und Bekanntheit. Diebe haben es daher nur auf den Materialwert abgesehen. Dies wird auch hier der Fall gewesen sein.

Die Tat erinnert an den spektakulären Einbruch 2017 in das Berliner Bode-Museum, bei dem eine Zwei-Zentner-Goldmünze „Big Maple Leaf“ gestohlen wurde. 2019 waren Mitglieder einer bekannten Clan-Familie deshalb angeklagt. Die Münze wurde vermutlich komplett eingeschmolzen.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

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