Unterstützung von Therapien
Auf absehbare Zeit wird KI Ärztinnen und Ärzte also nicht überflüssig machen. Bei der Therapieentwicklung bleibt sie ein Werkzeug, das den menschlichen Experten unterstützt. Das gilt ebenfalls bei der Umsetzung der Therapieentscheidungen. Auch hier kommt auf verschiedenen Teilgebieten Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Zwei Beispiele seien genannt:
Bei Strahlenbehandlungen hilft KI, den Bestrahlungsort einzugrenzen, damit möglichst wenig umliegendes Gewebe geschädigt wird. Dazu wird ein in Berlin neu entwickeltes Verfahren genutzt, das ein Bestrahlungsgerät mit einem Computertomographen koppelt. KI identifiziert in Echtzeit die derzeitige Position von Organen im Körper und die Struktur des Tumors; diesen Erkenntnissen entsprechend macht sie Vorschläge zum Ansatz der Bestrahlung.
Bei der chirurgischen Entfernung von Tumoren kann KI in robotergestützten chirurgischen Systemen eingesetzt werden, um präzisere Operationen durchzuführen.
KI zur Unterstützung von Patienten
Künstliche Intelligenz kann aber nicht nur Medizinern die Arbeit erleichtern – sie hilft auch Patientinnen und Patienten dabei, sich auf ihre Therapien einzustellen.
KI-gestützte Patienteninformationssysteme etwa spielen Therapiepläne durch und stellen Chancen, Risiken oder Nebenwirkungen im Zeitverlauf dar. So haben Patientinnen und Patienten eine bessere Informationsgrundlage für ihre Entscheidungen über Therapien. KI-unterstützte Apps und digitale Messgeräte im Besitz der Patienten können den Gesundheitszustand in Echtzeit überwachen und Veränderungen an behandelnde Ärzte übermitteln.
Probleme beim Einsatz von KI
Es ist schon angeklungen: KI-Modelle zur Analyse von Patientendaten weisen grundsätzlich immer Leistungsbegrenzungen auf, deren Natur einerseits vom verwendeten Modell, andererseits von der Qualität der Lerndaten abhängt. Bessere Modelle und bessere Daten dürften diese Defizite nach und nach verringern. Es gibt aber auch grundsätzlichere Probleme.
So sind KI-Modelle nicht transparent. Menschen können meist nicht nachvollziehen, auf welche Art und Weise eine KI zu einer Einschätzung gekommen ist. Erweist sich eine Aussage als falsch, ist es kaum möglich zu bestimmen, woran es gelegen hat. Menschen können aus Fehlern der KI nur schlecht lernen.
KI-Ergebnisse sind auch nicht immer reproduzierbar. Wer selbst mit Sprachmodellen wie ChatGPT arbeitet, kennt das Phänomen: Dieselbe Anfrage wird zuweilen zu unterschiedlichen Zeiten oder in unterschiedlichen inhaltlichen Zusammenhängen durchaus unterschiedlich beantwortet. Was sagt das über die Qualität der KI-Einschätzung aus?
Viele Ärztinnen und Ärzte vertrauen den Einschätzungen der Künstlichen Intelligenz derzeit nur begrenzt, und das ist vermutlich gut so. Dies tut der Bedeutung von KI aber nur wenig Abbruch. Wie ein Werkzeug nicht ohne den qualifizierten Handwerker selbst ein Haus bauen kann, so bedarf auch das Instrument KI des versierten Ärzteteams, um zur Heilung eines Patienten beitragen zu können.
Letztlich steckt die Forschung immer noch in ihren Anfängen. So erstaunlich es auch scheint, was heute schon möglich ist – das ganze Potenzial Künstlicher Intelligenz für die Bekämpfung der Volkskrankheit Krebs ist noch lange nicht abzusehen.
Text: Thorsten Kleinschmidt