Effizientes Koppeln aller beteiligten Teilsysteme
Zudem ist ein Algorithmus immer etwas Individuelles, es gibt keine sich wiederholenden Rezepte. Der Data Science Teil alleine reicht bei weitem nicht aus, um Künstliche Intelligenz „herzustellen“. Viele Teilprozesse greifen ineinander. Man muss sich das wie eine Automobilfabrik vorstellen. Ganz am Ende des Fließbandes kommt der bestellte, individuelle Algorithmus heraus. Aber zuvor hat er in mehreren Vorproduktionsstufen schon einige Produktionshallen durchlaufen.
Das Modellieren macht nur einige Stationen auf der Fließband-Reise aus. Aber alle Stationen müssen ineinandergreifend arbeiten, das macht es oft langwierig und kompliziert. Algorithmen zu bauen ist weit entfernt von Zauberei, es ist absolute Schwerstarbeit ineinandergreifender Systeme und Prozesse. Dass viele scheitern, hat genau damit zu tun: mit dem effizienten Koppeln aller beteiligten Teilsysteme.
Warum wir stolz auf unsere AI Factory sind
All die Probleme, die häufig zum Scheitern führen, sind uns bei ERGO gut bekannt. Auch wir sind oft schwer genervt und desillusioniert und müssen Projekte stoppen, weil Wunsch und Wirklichkeit nicht zueinander passen.
Aber bereits vor etwa zwei Jahren haben wir eine Antwort auf die Herausforderungen entwickelt, für die wir in der KI-Szene gute Kritiken bekommen. Wir nennen unsere Lösung „AI Factory“. Fabrik, weil sie eine Art Schablone ist, ein Framework, mit dem wir alle Teilprozesse und losen Enden zu einer Art Fließband verbunden haben. Zwar ist jeder Algorithmus individuell, jedoch ist der grundsätzliche Ablauf bei (fast) jedem KI-Anwendungsfall gleich. So sind wir effizienter und letztlich schneller. Inzwischen haben schon viele „KI-Automobile“ unser Fließband durchlaufen – und wir werden immer besser.
Mit der Factory haben wir eine integrierte „Ende zu Ende“ Plattform, die an den Schnittstellen effizient verbunden ist. Da ist zum Beispiel das „Data Lab“ – unser Modellierungsumgebung – in der der Algorithmus trainiert wird. In der Automobilindustrie würde man das vielleicht den Reinraum nennen. Aber zum Job gehört auch, den Algorithmus in die Prozesse zu integrieren und „produktiv“ auszurollen. Da die Anforderungen an Modellierung und Operationalisierung vollkommen unterschiedlich sind, entsteht das – wie in einer realen Fabrik – in unterschiedlichen, logisch getrennten Einheiten – die aber eng verknüpft sind.
Wir arbeiten in der Amazon Web Services Cloud
Wir haben unsere AI-Factory in der Amazon Web Services (AWS) Cloud aufgebaut. Das hat gleich mehrere Vorteile. Wir können uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren. Um Serverleistungen und Serverstabilität kümmert sich der Dienstleister.
Auch bietet uns der Service eine Flexibilität, die wir als ERGO selbst niemals gewährleisten könnten. Wir können uns täglich die Rechenpower ordern, die wir gerade benötigen. Algorithmen sind hochkomplexe mathematische Gebilde. Wenn wir sie mit teilweise Millionen von Datensätzen trainieren, sind nicht nur sehr spezielle Programme notwendig, sondern auch eine exorbitant hohe Rechenleistung.
Und der dritte Vorteil ist die Flexibilität der zuschaltbaren Services. Durch annäherndes Plug & Play können wir selbst programmierte Anwendungen mit Open Source-Modulen und AI-Services von AWS verknüpfen und in unsere AI-Factory integrieren. Das ist ein Arbeits- und Entwicklungsumfeld, die wir als ERGO selbst niemals bereitstellen könnten.
Eine Fabrik eingelassen in einen Hochsicherheitstrakt
Der entscheidende Vorteil der Factory aber liegt gar nicht so sehr in der Technologie –es gibt auch andere, sehr ordentliche Systeme. Der entscheidende Punkt ist die Compliance. Daten sind sensibel. Als Lebens- und Krankenversicherer sind wir unseren Kunden gegenüber geradezu verpflichtet, höchste Sicherheitsstandards aufzubauen. Jeder Arbeitsschritt an unserem Fließband haben wir so aufgesetzt, dass wir höchste Datensicherheit gewährleisten.
Das macht das Entwickeln von Algorithmen natürlich komplexer. Das Tempo, dass wir durch die höheren Sicherheitsstandards verlieren, haben wir durch die Vernetzung aller Prozesse zum Fließband aber längst wieder aufgeholt. Unsere Experten haben inzwischen so viel Erfahrungen mit dem Entwickeln von KI in sicheren Umgebungen, dass ihre Expertise auch von Dritten angefragt wird. Es ist nicht auszuschließen, Teile der AI-Factory als Software as a Service (SaaS) für Dritte zu öffnen.
Auf dem Weg von der Kunst zu Ingenieurwissenschaften
Zurück zur KI, die oft scheitert. Zurück zu den sieben von zehn Unternehmen, die aussagten, KI habe bisher kaum Auswirkungen gehabt. Ich bin fest überzeugt, dass wird sich ändern. Nicht weil alle unserem Beispiel der AI Factory folgen werden. Sondern weil uns Künstliche Intelligenz effizienter, schneller und kundenfreundlicher macht. Das Potential des Einsatzes von KI ist heute schon riesig und wird definitiv noch weiter zunehmen.
Die Unternehmen werden ihre Startschwierigkeiten überwinden. Es wird eine Professionalisierung stattfinden, die sich insbesondere um die systematisch verknüpfte und sichere Anwendung von Daten und Datenmodellen in Unternehmen dreht. Von einer „Kunst“ der „Rockstars“ wird Künstliche Intelligenz zu einer „Ingenieursdisziplin“ werden.
Wenn das so weit ist, glaube ich, wird auch die Mystifizierung der Künstlichen Intelligenz abnehmen. Je mehr wir uns mit ihr beschäftigen, desto weniger werden wir uns vor ihrer Allmächtigkeit fürchten. Ein Algorithmus ist Mathematik. Nicht simpel, sondern hochkomplex – er braucht viel Rechenpower zum Trainieren. Jedoch weiß er nicht, dass er uns ein Auto anzeigt, wenn wir in der Google Bildersuche nach „Autos“ suchen. Er ist und bleibt Mathematik.