Digitalisierung & Technologie, 09. Dezember 2025

„KI gibt es nicht zum Nulltarif“

Generative KI in der Versicherungsbranche

KI unterstützt digitales Arbeiten

Seit dem Sommer 2024 berichten wir hier auf //radar regelmäßig über ERGO GPT – unsere ERGO interne, sichere Alternative zu Chat GPT. Nun hat auch die Konrad Adenauer Stiftung ein Interview hierzu mit der ERGO KI-Expertin Antonia Schiller veröffentlicht.

Wie kam es zu ERGO GPT?

Als OpenAI Ende 2022 seine Anwendung ChatGPT veröffentlicht hat, haben auch wir uns als ERGO die Technologie angesehen und geprüft, welches Potenzial sie für die Versicherungsbranche hat. Das Potenzial ist groß, da entsprechende Modelle in der Lage sind, menschliche Sprache zu verstehen und zu generieren. Es war aber auch klar, dass es für uns als Konzern eine eigene interne Lösung braucht. Die Versicherungsbranche ist eine der am stärksten regulierten Branchen Deutschlands. Wir arbeiten täglich mit teils hochsensiblen Daten. Aus diesem Grund können wir keine öffentlichen Tools verwenden, sondern brauchen eine sichere und interne Variante. So entstand die Idee zu ERGO GPT. Hierfür nutzen wir dann zwar GPT-Modelle, die OpenAI über Microsoft zur Verfügung stellt. Wir haben jedoch eine in sich geschlossene, datenschutzkonforme Variante mit eigenem Interface und eigenen Funktionalitäten entwickelt, die wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland seit Mai 2024 zur Verfügung stellen und kontinuierlich weiterentwickeln, um State of the Art zu bleiben. Mit unserem ERGO GPT waren wir damals tatsächlich eins der ersten Unternehmen in Deutschland, das seinen Mitarbeitern ein derartiges Tool angeboten hat.

Welche Aufgaben übernimmt ERGO GPT?

ERGO GPT ist im Prinzip eine General Purpose AI. Das heißt, ERGO GPT kann bei einer Vielzahl von Tätigkeiten unterstützen. Vorwiegend sind das natürlich textbasierte Tätigkeiten, beispielsweise Mails schreiben oder Texte zusammenfassen. ERGO GPT bietet aber auch Unterstützung bei Kreativarbeiten, zum Beispiel bei der Entwicklung von Konzepten oder der Erstellung neuer Inhalte. Es kann aber in der IT unterstützen, etwa beim Coding oder in Excel. Es gibt also ganz viele Anwendungsfälle und jeder Mitarbeiter kann für sich schauen, wo ihm ERGO GPT ganz individuell Mehrwert liefert, um Aufgaben schneller und effektiver zu erledigen.


Dieses Interview erschien zuerst in der Publikation „3 Jahre ChatGPT – eine Zwischenbilanz“ der Konrad Adenauer Stiftung.

Wie nimmt denn Ihre Belegschaft ERGO GPT auf?

Es ist ein akzeptiertes Arbeitstool geworden und wird wirklich viel genutzt. Über 60 Prozent der Belegschaft nutzen es regelmäßig, mittlerweile wurden bereits mehr als 2,5 Millionen Prompts in ERGO GPT eingegeben. Das liegt sicherlich auch an unseren gezielten Befähigungsmaßnahmen. Denn damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Technologien effektiv nutzen können, müssen sie auch den Umgang damit lernen. Wir bieten deshalb (Online-)Workshops und Fortbildungen, Thementage, Vorträge, Prompting-Wettbewerbe und Co an. Dieses Adoption Management ist wichtig, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Tools auch effektiv nutzen und deren Vorteile erkennen können.

Zitat Antonia Schiller

Das Thema GenAI ist für ERGO strategisch sehr wichtig.

Antonia Schiller, Digital Transformation Managerin bei ERGO

In Deutschland wird ja häufig die Frage der fehlenden Ressourcen thematisiert. Wie war das bei Ihnen?

Unser Chief Digital Officer Mark Klein sagt immer "KI gibt es nicht zum Nulltarif." Wer KI erfolgreich im Unternehmen implementieren will, muss dafür konsequent und kontinuierlich Investitionen aufbringen. Das betrifft unter anderem Investitionen für Lizenzkosten, den Plattformaufbau, die Softwareentwicklung und Integration in die Backend-Systeme, Personal- und Sachkosten, Fachbereichsaufwendungen, Hardware und vieles mehr. Auch ERGO GPT ist natürlich mit (laufenden) Kosten verbunden, selbst wenn wir bereits bestehende GPT-Modelle genutzt haben und damit keine Ressourcen ins eigentliche Modelltraining geflossen sind. Insgesamt ist das Thema GenAI für ERGO aber strategisch sehr wichtig, deshalb wird die Gruppe bis 2030 auch rund 130 Millionen Euro in den Ausbau ihrer GenAI-Plattform investieren.

Welches Potenzial sehen Sie denn noch von GenAI im Bereich Versicherungen?

Versicherern bieten sich wie gesagt immense Potenziale durch die Nutzung von GenAI. Da es hier täglich Hunderttausende Kontaktpunkte mit Kundinnen und Kunden gibt, bei denen Sprache verarbeitet werden muss, sind Versicherungsunternehmen prädestiniert für den Einsatz von Sprachmodellen und darauf basierenden Tools. GenAI könnte etwa ergänzend zu traditionellen KI- und regelbasierten Systemen in der Datenklassifikation und -extraktion aus Dokumenten eingesetzt werden. Denkbar ist auch eine weitere Automatisierung und Beschleunigung der Schadensregulierung durch die Analyse von Bildern, Videos und anderen Daten. Die Tools könnten in Form von Chatbots und virtuellen Assistenten natürlichere Gespräche führen und auch komplexere Anfragen bearbeiten. Außerdem könnten die Modelle dabei helfen, Muster zu erkennen und somit in der Betrugsbekämpfung zum Einsatz kommen, um eine faire Schadensregulierung zu gewährleisten. Darüber hinaus könnten KI-Agenten zukunftsweisend sein. Sie könnten eigenständig fest eingegrenzte Aufgaben erledigen, etwa selbstständig E-Mails versenden oder Datenbanken updaten. In der sogenannten „Agentic Economy“ würden sich spezialisierte, autonome KI-Agenten untereinander vernetzen, um komplexere Aufgaben zu lösen und zu automatisieren. Denkbar ist also noch vieles, denn wir stehen im Bereich GenAI gerade erst am Anfang.

Interview:  Konrad Adenauer Stiftung


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