In Deutschland wird ja häufig die Frage der fehlenden Ressourcen thematisiert. Wie war das bei Ihnen?
Unser Chief Digital Officer Mark Klein sagt immer "KI gibt es nicht zum Nulltarif." Wer KI erfolgreich im Unternehmen implementieren will, muss dafür konsequent und kontinuierlich Investitionen aufbringen. Das betrifft unter anderem Investitionen für Lizenzkosten, den Plattformaufbau, die Softwareentwicklung und Integration in die Backend-Systeme, Personal- und Sachkosten, Fachbereichsaufwendungen, Hardware und vieles mehr. Auch ERGO GPT ist natürlich mit (laufenden) Kosten verbunden, selbst wenn wir bereits bestehende GPT-Modelle genutzt haben und damit keine Ressourcen ins eigentliche Modelltraining geflossen sind. Insgesamt ist das Thema GenAI für ERGO aber strategisch sehr wichtig, deshalb wird die Gruppe bis 2030 auch rund 130 Millionen Euro in den Ausbau ihrer GenAI-Plattform investieren.
Welches Potenzial sehen Sie denn noch von GenAI im Bereich Versicherungen?
Versicherern bieten sich wie gesagt immense Potenziale durch die Nutzung von GenAI. Da es hier täglich Hunderttausende Kontaktpunkte mit Kundinnen und Kunden gibt, bei denen Sprache verarbeitet werden muss, sind Versicherungsunternehmen prädestiniert für den Einsatz von Sprachmodellen und darauf basierenden Tools. GenAI könnte etwa ergänzend zu traditionellen KI- und regelbasierten Systemen in der Datenklassifikation und -extraktion aus Dokumenten eingesetzt werden. Denkbar ist auch eine weitere Automatisierung und Beschleunigung der Schadensregulierung durch die Analyse von Bildern, Videos und anderen Daten. Die Tools könnten in Form von Chatbots und virtuellen Assistenten natürlichere Gespräche führen und auch komplexere Anfragen bearbeiten. Außerdem könnten die Modelle dabei helfen, Muster zu erkennen und somit in der Betrugsbekämpfung zum Einsatz kommen, um eine faire Schadensregulierung zu gewährleisten. Darüber hinaus könnten KI-Agenten zukunftsweisend sein. Sie könnten eigenständig fest eingegrenzte Aufgaben erledigen, etwa selbstständig E-Mails versenden oder Datenbanken updaten. In der sogenannten „Agentic Economy“ würden sich spezialisierte, autonome KI-Agenten untereinander vernetzen, um komplexere Aufgaben zu lösen und zu automatisieren. Denkbar ist also noch vieles, denn wir stehen im Bereich GenAI gerade erst am Anfang.
Interview: Konrad Adenauer Stiftung