Generative KI als nächste Entwicklungsstufe
Neben den schon heute eingesetzten KI-Anwendungen beschäftigt sich ERGO seit vergangenem Jahr auch intensiv mit der nächsten Stufe von KI, sogenannter generativer KI. Ihre bahnbrechende Kraft liegt vor allem in der Art und Weise, wie die Nutzerinnen und Nutzer auf Daten zugreifen und diese verwenden können. Während die Entwicklung des maschinellen Lernens Jahrzehnte gedauert hat und stets ein Thema für Spezialistinnen und Spezialisten war, demokratisiert GenAI diese hochkomplexe Technologie. Sie macht riesige externe Datenmengen per einfacher Texteingabe zugänglich.
Dass GenAI in der Lage ist, menschliche Sprache zu verstehen und zu generieren, wird die Entwicklung der Versicherungsbranche um mehrere Jahrzehnte beschleunigen. Richtig genutzt, werden GenAI-gestützte Tools zu einer weiteren Optimierung von Geschäftsprozessen, verbesserten Kundenerlebnissen, einer höheren Produktivität sowie neuen Dienstleistungen führen. Eine Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass Beraterinnern und Berater mithilfe von generativer KI zwölf Prozent mehr Aufgaben in 25 Prozent weniger Zeit mit einer um 40 Prozent verbesserten Qualität erledigen konnten als ihre Vergleichsgruppe. Befragt wurden 750 Berater des Unternehmens weltweit.
Versicherungsunternehmen sind prädestiniert für den Einsatz von GenAI
Auch Versicherern bieten sich immense Potenziale durch die Nutzung von GenAI. Da es hier täglich Hunderttausende Kontaktpunkte mit Kundinnen und Kunden gibt, bei denen Sprache verarbeitet werden muss, sind Versicherungsunternehmen prädestiniert für den Einsatz von Sprachmodellen und darauf basierenden Tools. GenAI könnte ergänzend zu traditionellen KI- und regelbasierten Systemen in der Datenklassifikation und -extraktion aus Dokumenten eingesetzt werden. Denkbar ist auch eine weitere Automatisierung und Beschleunigung der Schadensregulierung durch die Analyse von Bildern, Videos und anderen Daten. Die Tools könnten in Form von Chatbots und virtuellen Assistenten natürlichere Gespräche führen und auch komplexere Anfragen bearbeiten. Außerdem könnten die Modelle dabei helfen, Muster zu erkennen und somit in der Betrugsbekämpfung zum Einsatz kommen, um eine faire Schadensregulierung zu gewährleisten.
Wichtig ist: Der Einsatz von KI und GenAI muss sorgfältig überlegt, umgesetzt und gesteuert werden. Wie bei klassischen KI-Anwendungen müssen auch vor dem produktiven Einsatz von GenAI alle relevanten Stakeholder wie Recht, Compliance, IT, Risikomanagement und die Mitbestimmungsgremien involviert werden. Menschen müssen weiterhin das letzte Wort haben, da GenAI-Anwendungen nicht nur riesige Potenziale in den Ende-zu-Ende-Prozessen bieten, sondern auch Herausforderungen mit sich bringen. Es geht um Themen wie Datenschutz, Urheberrecht, Halluzinationen und Diskriminierung. Es braucht eine klare Datenstrategie, geeignete Löschkonzepte und ethische Leitplanken, wie KI im eigenen Unternehmen implementiert werden soll.
ERGO GPT und Knowledge Assistants
ERGO hat bereits erste GenAI-Anwendungen umgesetzt. So steht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit April eine interne „ERGO GPT“-Anwendung zur Verfügung. Ebenso wird gerade an Chat Bots als sogenannten „Knowledge Assistants“, das heißt Schnittstellen zu bestehenden internen Wissensdatenbanken, und Piloten für GPT-basierte Chat Bots in der Kundenkommunikation gearbeitet. Beim Erarbeiten der Anwendungsfälle verfolgt ERGO einen modellagnostischen Ansatz. Das heißt, es werden sowohl die großen kommerziellen Large Language Models genutzt, um darauf basierend eigene Anwendungen entsprechend der geltenden rechtlichen und regulatorischen Anforderungen zu erstellen. Ebenso kommen Open-Source-Modelle zum Einsatz.
Neben den heute existierenden KI-Anwendungen wird GenAI innerhalb kürzester Zeit spürbare Mehrwerte und weitere Effizienzgewinne bringen. Sie wird in den kommenden Jahren große Wettbewerbsvorteile bieten. Zahlreiche Banken und Versicherer nutzen deshalb schon diese Technologie – auch, weil sie aktiv von der Belegschaft eingefordert wird. Richtig eingesetzt und in Kombination mit regelbasierten Ansätzen sowie klassischer KI werden die Themen Innovation, Wachstum, Prozessoptimierung und das Abfedern des Fachkräftemangels nochmal einen regelrechten Boost bekommen. Dabei immer im Blick: der stete Wandel und Versichern einfacher zu machen.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst beim Versicherungsmonitor erschienen.
Text: Mark Klein, CDO ERGO Group AG