Sind denn Hersteller und Entwicklungsunternehmen von KI an einer solchen Aufklärung der Kundschaft ebenfalls interessiert? Nach den Erfahrungen von Till und Müller-Brehm unterstützt die Wirtschaft die Aktivitäten des ZVKI durchaus: „Wir machen da sehr gute Erfahrungen. Natürlich arbeiten nicht alle Unternehmen mit, aber eine Reihe wichtiger Partner sind schon dabei. Sie sehen durchaus die Vorteile, wenn gegenüber neuen Technologien Vertrauen aufgebaut wird.“
So werde beispielsweise über eine Zertifizierung von KI-Lösungen nachgedacht. Diese wäre ein wichtiger Beitrag, um die Vertrauenswürdigkeit von KI-Software besser beurteilen zu können, so die beiden ZVKI-Kolleginnen. Solche Zertifikate können als Gütesiegel fungieren und den Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Sicherheit geben. Ob das tatsächlich gelingt, ist abhängig davon, wie Zertifizierungsprozesse gestaltet werden. Dazu zählt beispielsweise, ob die Prüfung entsprechender Anwendungen durch externe Gutachter erfolgt. Zugleich stellen Standards, Zertifikate und Siegel nur einen Baustein von vielen dar, um KI-Systeme so zu gestalten, dass sie den Einzelnen und der Gesellschaft nicht schaden.
Was bedeutet „vertrauenswürdige KI“?
Um die Idee einer Zertifizierung und weitere Maßnahmen zu konkretisieren, muss zunächst geklärt werden, was „vertrauenswürdige KI“ konkret bedeutet. „Den Begriff Vertrauen eindeutig zu definieren, kann keine Aufgabe für uns als ZVKI sein. Darüber diskutieren verschiedenste Disziplinen schon seit Jahrhunderten“, erläutert Verena Till. „Wir brauchen eine praxistaugliche Herangehensweise. Unsere Fragestellung lautet: Was bedeutet Vertrauenswürdigkeit in Verbindung mit KI-Technologie?“ Um darauf eine Antwort zu finden, breche man den Begriff Vertrauen auf einzelne Aspekte herunter, erläutern die Expertinnen weiter. Als wesentliche Bausteine von vertrauenswürdiger KI hat das ZVKI unter anderem die Aspekte „Fairness“, „Verlässlichkeit“ oder „Transparenz“ identifiziert.
Um eine KI-Lösung hinsichtlich ihrer Vertrauenswürdigkeit zu beurteilen, ist es erforderlich zu überprüfen, wie die jeweilige Software programmiert wurde, erläutert Verena Till. Man schaut also, ob eine Lösung so aufgesetzt wurde, dass sie für den jeweiligen Anwendungsfall faire, verlässliche und transparente Ergebnisse liefert.
Das Beispiel Verlässlichkeit, so die Expertinnen, mache deutlich, dass KI-Verfahren nicht unabhängig von ihren Einsatzkontexten beurteilt werden können. So zeige eine KI-gestützte Produktionsanlage zum Beispiel keine Ermüdung und kann deshalb theoretisch durchgehend mit einer ziemlich konstanten Leistung arbeiten. „Dadurch und durch die Auswertung der Produktionsabläufe können Ausschuss und Materialverschwendung sinken“, so Jaana Müller-Brehm. Sie ergänzt, dass andererseits eine KI-Lösung, die auf fehlerhaften Vorannahmen basiert, Unverlässlichkeit automatisieren und damit auch vervielfachen könne. Zudem können gesellschaftliche Stereotype und Vorurteile an verschiedenen Stellen der KI-Entwicklung und des -Einsatzes in KI-Anwendungen getragen werden. Sie werden durch den Einsatz einer solchen KI-Anwendung immer wieder reproduziert. „Methoden zu entwickeln und sichtbar zu machen, um solche Mechanismen aufzudecken ist ein Ziel unserer Arbeit“, erklären Verena Till und Jaana Müller-Brehm.