Zurück zur Frage: Eigentlich müssen wir erst noch klären, wozu das Metaverse denn eigentlich mal gut sein soll. Und das ist eher eine Usecase-Frage als eine technische Frage. Sobald das geknackt wird, könnte es losgehen. Aber noch gibt es diesen Usecase nicht, der für Nutzer ganz klar sagt: Jetzt brauche ich ein Metaverse-Zugangsgerät! Beim iPhone war das zum Beispiel der Zugang zum richtigen Internet über ein mobiles Endgerät. Aber was wird das beim Metaverse sein? Selbst Mark Zuckerberg, der den Hype gestartet hat, geht von 5 bis 10 Jahre aus, bis wir diesen Punkt erreicht haben. Die Frage ist also komplex. Und ich möchte mich hier wiederholen: Jeder, der heute schon genau weiß, wann das Metaverse da sein wird, oder sogar schon proklamiert, dass das Metaverse da ist, handelt unseriös und will euch halt etwas andrehen. Beraterleistungen zum Beispiel. Oder NFTs.
Wenn man mit Leuten über das Thema diskutiert, stellt man oft fest, dass die ganzen Buzz-Words in einen Topf geworfen werden: WEB3, Crypto, Blockchain, Metaverse, NFTs und noch einige mehr. Dass es sich hier um unterschiedliche Dinge handelt, ist vielen nicht klar. Machst du da ähnliche Erfahrungen?
Leider ja. Ich denke aber, dass es am Anfang eines Hypes normal ist. Die Leute müssen sich gedanklich ja auch erst mal damit beschäftigen und miteinander darüber diskutieren. Leider nutzen das Berater und windige Geschäftsleute bis hin zu Betrügern wie etwa in der Crypto-Branche diesen Umstand aus und verhalten sich wie Rattenfänger. Was dann dazu führt, dass unser Finanzsystem leidet, oder Konzerne sich einen Bären aufbinden lassen nach dem Schema: Sei auch du jetzt im Metaverse! Dass es dabei oft um 2D-Internet-Walkingsimulatoren mit angeflanschter Blockchain handelt, fällt ihnen nicht auf, weil sie sich einseitig beraten lassen. Oder weil ihnen die Wahrheit weniger wichtig ist als der Buzz. In der heutigen Zeit unverantwortlich.
Auf LinkedIn und Twitter sind viele sehr beliebte Inhalte von dir, die die negativen Umweltauswirkungen von NFTs und Crypto beschreiben. Kannst du diese noch mal für uns zusammenfassen?
Um klarzumachen, welches Problem NFTs sind, nutze ich gerne die Arbeit eines Experten, der neulich auch bei mir im Metaverse-Podcast war. Dirk Songür, Global Strategic Innovation bei Microsoft, analysiert regelmäßig NFT-Produkte von Konzernen.
Zuletzt hat er sich das NFT-Projekt eines großen Modelabels vorgenommen. Die Marketing-Abteilung feierte das Projekt als Erfolg, da innerhalb von 24 Stunden über 11.000 NFTs verkauft wurden. Allerdings kostete die Aktion 1.700 Tonnen CO2, was in etwa 170.000 Shirts des Herstellers entspricht.
Ein bekannter Sportschuhersteller lässt sich für virtuelle NFT-Sneaker feiern und produziert dadurch 7.437 Tonnen CO2, was der Menge von CO2 entspricht, die der Produktion von einer Millionen echten Sneakern entspricht.
Als ein großes Blockchain Technologie Unternehmen vor über drei Monaten ein neues NFT-Projekt launchte, verursachte es einen Schaden von 18.000 Tonnen CO2. Das entspricht 10.600 Flügen von New York nach London. In vier Tagen.
„Ja aber Thomas, es gibt doch auch Blockchains, die nicht so viel Energie benötigen – warum werden die nicht genutzt?“ Weil die nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen und die Preissteigerungen auf diesen Chains nicht so vielversprechend sind. Denn es geht hier letztlich um Spekulation.
Was können wir als Gesellschaft oder vielleicht auch als einzelne(r) dagegen tun?
Ich bin ein Verfechter von Bildung. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir durch Bildung die meisten unserer Probleme auf der Erde lösen können. Neben Geld, Essen und Trinken ist Bildung eine der am ungleichmäßigsten verteilten Ressourcen des Planeten, selbst in Deutschland. Das bedeutet, dass wir darauf kurzfristig eher nicht setzen können, auch wenn wir daran, wie bei den anderen Punkten, dringend arbeiten müssen.
Bis dahin sind wir gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die Menschen davon abzuhalten, die Bedingungen für unser Leben auf diesem Planeten zu zerstören.
Das bedeutet im Klartext: Die Crypto-Branche muss dringend reguliert, wenn nicht sogar in Teilen verboten werden. Technologien, die einen so drastischen Energieverbrauch haben, sollten in einer solchen Zeit der Energieknappheit und der umittelbaren Bedrohung durch die Zerstörung unserer Natur, wirklich nicht mehr genutzt werden.