Wie kann ich mich als Nutzer konkret schützen?
Sie sollten nicht gutgläubig sein. Wenn ein Angebot in einer E-Mail zu gut ist, um wahr zu sein, dann sollten Sie nicht darauf eingehen. Außerdem sollten Sie Ihr IT-System schützen, am besten mit dem sichersten Virenschutz. Eine Cybercrime-Versicherung ergibt zusätzlich auch Sinn.
Oft ist die IT nicht die eigentliche Schwachstelle, sondern der Mensch. Denn der Mensch ist neugierig und klickt gerne auf irgendeinen Link. Da kommt dann oft Unwissenheit und Naivität zusammen. Sie sollten im Internet also eigentlich immer etwas misstrauisch sein. Seien Sie vorsichtig bei E-Mails, deren Absender Sie nicht kennen. Und achten Sie auch darauf, wie die E-Mails geschrieben sind. Bei Betrugsmails handelt es sich oft um ganz schlechte Übersetzungen. Bei vermeintlichen Mails von bekannten Unternehmen lässt sich im E-Mail-Header überprüfen, ob die Mails auch wirklich von diesen Unternehmen kommen. Im Banking-Bereich sind doppelte Authentifizierungsverfahren enorm wichtig.
Was kann ich konkret tun, wenn ich Opfer einer Betrugsmasche geworden bin?
Das Wichtigste: Gehen Sie zur Polizei, auch wenn diese nicht sofort den Täter ermitteln kann. Aber die Polizei beobachtet das Phänomen intensiv und hat in den vergangenen Jahren enorm aufgerüstet. Es gibt Undercorver-Ermittler im Netz, die Schwerstkriminalität bekämpfen. Darum ist eine Anzeige wichtig, weil die Polizei ja Erkenntnisse haben kann, die Ihnen nicht vorliegen. Dort erhalten Sie auch weiterführende Hilfe. Außerdem sollten Sie konkret analysieren, woran es bei Ihnen gelegen hat. Also gab es eine bestimmte Sicherheitslücke in ihrem System? Haben sie auf bestimmte Links in E-Mails geklickt oder ist Ihre IT-Schutzsoftware veraltet?
Welche Chancen habe ich als Betrugsopfer denn überhaupt?
Das lässt sich schwer sagen. Bei einem Kleinbetrug mit Beträgen unter 1.000 Euro ist die Chance, dass Sie das Geld wiederbekommen, relativ gering. Auch bei einem größeren Betrug muss das Geld erst mal gefunden werden. Auch die Überführung des Täters ist keine Garantie dafür.
Wie ist Ihr beruflicher Hintergrund?
Ich habe schon ganz verschiedene Jobs gehabt. Begonnen habe ich als Koch und Hotelkaufmann. Dann bin ich zur Polizei gegangen, wo ich mich in erster Linie bei der Kriminalpolizei mit Wirtschaftskriminalität befassen durfte. Darunter waren auch damals schon Versicherungsbetrügereien, manipulierte Verkehrsunfälle oder fingierte Schäden. Darüber bin ich zu dem Thema Compliance gekommen, in dem ich dann auch meinen Master-Studiengang absolviert habe. Letztlich durfte ich dann bei ERGO die Abteilung Internal Investigations aufbauen.
Ihre bisherigen beruflichen Erfahrungen helfen Ihnen im aktuellen Job bestimmt …
Ich würde sogar sagen, diese Erfahrungen sind eine Voraussetzung dafür. Ich kenne mich schon recht gut damit aus, wie Betrug eigentlich genau entsteht und wie dieser dann auch aufzuklären ist. Und das ist auch wichtig. Da das Thema viele Schnittstellen hat, müssen wir uns als Team sehr divers aufstellen. In der Abteilung arbeiten sowohl Rechtsanwälte als auch Kollegen, die Versicherungskaufmann gelernt haben und dann in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens tätig waren, beispielsweise im Vertrieb.
Unsere Ermittlungen müssen einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Deshalb haben wir hier viel Verantwortung. Keine Toleranz bei Wirtschaftskriminalität, das ist die Leitlinie bei ERGO.
Interview: Benjamin Esche