Einfach, weil's wichtig ist.
Einfach, weil's wichtig ist.
Ratgeber, 06. Februar 2023
Viele Stadtmenschen müssen auf einen eigenen Garten verzichten. Doch auch in verdichteten Regionen lassen sich grüne Oasen schaffen – etwa durch das Bepflanzen von Terrassen und Balkonen, das sogenannte Vertical Gardening oder die Begrünung von Dächern. Wer zur Miete wohnt, sollte sich jedoch über rechtliche Rahmenbedingungen informieren, bevor er zum Baummarkt fährt. Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, erklärt, welche Regelungen für Mieter, Wohnungs- und Hauseigentümer bei Begrünungsprojekten gelten. Außerdem weiß sie, welche Fördermöglichkeiten es gibt.
Vertical Gardening, also die Begrünung senkrechter Flächen, ist eine zunehmend beliebte Form des städtischen Gärtnerns. „Hierbei kommen meist Aufhängevorrichtungen zum Einsatz, die an Wänden oder an einem Balkon angebracht werden können“, erläutert Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Eine so begrünte Wand sieht nicht nur schön aus: Im Hochsommer kühlen die Pflanzen das Gebäude durch Verdunstung, im Winter dämmen sie die Wände. Inzwischen sind immer öfter ganze Gebäudefassaden begrünt, so können Mieter oder Wohnungseigentümer von einem angenehmen Mikroklima im städtischen Umfeld profitieren. Beim Vertical Gardening ist es wichtig, geeignete Pflanzen für den jeweiligen Standort auszusuchen und sicherzustellen, dass die genutzten Wände trocken bleiben, um Schimmelbildung zu vermeiden.
„Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Mieter ihren Balkon oder ihre Terrasse zum horizontalen Gärtnern nutzen“, weiß Rassat. Zu beachten ist, dass Pflanzbehältnisse sicher befestigt sind, Mauern und Geländer unbeschädigt bleiben und die Bepflanzung das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht verändert. Wer als Mieter Löcher in Außenwände bohren will, um Gestelle zu befestigen, ist mit einer Erlaubnis des Vermieters auf der sicheren Seite. Vorsicht: Beim Anbohren der Außenwände können Mieter unter Umständen eine Wärmedämmung beschädigen. Pflanzregale gibt es auch zum Hinstellen, diese sollten jedoch sturmsicher sein. Auch sollte die Begrünung Nachbarn nicht beeinträchtigen, etwa durch Wasser, das von oben auf ihren Balkon tropft. Manche Gerichte haben sogar schon Blumenkästen außen an der Balkonbrüstung untersagt, wenn Gefahren für Dritte nicht ausgeschlossen sind (LG Berlin, Az. 65 S 40/12). Daher sind die Möglichkeiten von Mietern leider eingeschränkt. „Eine umfassendere Begrünung des Hauses ist dem Eigentümer vorbehalten“, betont die Rechtsexpertin.
Auch die Art der Pflanzen sollte sorgfältig überlegt sein: Das Landgericht München hat vor einigen Jahren entschieden, dass größer werdende Bäume – in diesem Fall ein Ahornbaum – auf dem Balkon einer Mietwohnung fehl am Platz sind (Az. 31 S 12371/16). Auf den Anbau von Kletterpflanzen wie Efeu sollten Mieter ebenfalls besser verzichten, da sie die Fassade beschädigen können und zudem schwer zu entfernen sind. „Entstehen in diesem Zusammenhang Kosten, kann der Vermieter den Mieter dafür in Haftung nehmen“, so Rassat. Außerdem wichtig: Alles, was über den eigenen Wohnbereich hinausgeht oder die Nachbarn stören könnte, sollten Mieter mit dem Vermieter und den Nachbarn abklären. Auch Wohnungseigentümer müssen sich dann mit der Eigentümergemeinschaft abstimmen.
Wichtig: Sogar für Eigenheimbesitzer kann es bei der Fassadenbegrünung bestimmte Vorgaben vom Bauamt geben. So dürfen die Pflanzen nicht zu sehr in den öffentlichen Raum ragen. „Vielleicht macht der Bebauungsplan Vorgaben zur Fassadengestaltung. Ist das Gebäude denkmalgeschützt, kann die Denkmalschutzbehörde äußerliche Veränderungen untersagen und womöglich Fördergelder zurückverlangen“, informiert Rassat. „Hier heißt es also: erst nachfragen.“ War ein Baudenkmal auch früher schon von außen begrünt, hat die Behörde in der Regel keine Einwände.
Die Dachbegrünung erfreut sich hierzulande ebenfalls großer Beliebtheit. Da Dachflächen nur selten zu den vermieteten Flächen gehören, haben Mieter in den meisten Fällen keine Mitgestaltungsmöglichkeiten. „Die Dachbegrünung ist dann allein Sache des Hauseigentümers“, erläutert die Rechtsexpertin. Zu unterscheiden ist zwischen der extensiven Dachbegrünung, also klassischen Gründächern mit einer dünnen Substratschicht und robusten Pflanzen wie Flechten, Wildkräutern oder Moosen, und der intensiven Dachbegrünung, bei der auf dem Dach ein richtiger Garten mit größeren Pflanzen entsteht. Hierfür ist eine dickere Substratschicht erforderlich. Aufgrund des Gewichts von Substrat und Pflanzen und der erhöhten Wasserspeicherkapazität ist es bei Dachgärten notwendig, die Tragfähigkeit des Daches vorab zu prüfen und die geltenden Richtlinien zu beachten. „Zudem müssen Eigentümer je nach Landesrecht insbesondere für die intensive Variante unter Umständen eine Baugenehmigung einholen“, ergänzt Rassat.
Viele Kommunen bieten privaten Immobilienbesitzern Förderprogramme für die bodengebundene Begrünung von Fassaden sowie für die Bepflanzung von Haus-, Garagen- oder Carportdächern. Bei neu ausgewiesenen Baugebieten schreiben sie eine Dachbegrünung häufig sogar im Bebauungsplan vor. Wer an einer Bepflanzung interessiert ist, sollte sich beim zuständigen Bauamt über mögliche Zuschüsse informieren. Auch bei der KfW oder dem BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gibt es immer wieder Fördermöglichkeiten, vor allem, wenn die Dachbegrünung mit einer Wärmedämmung einhergeht. Denn: „Über ihre dekorativen Eigenschaften hinaus kommt eine Dachbegrünung in manchen Fällen auch zur Wärmedämmung von Gebäuden infrage“, weiß Rassat. „Interessierte sollten Förderanträge immer vor dem Beginn der Arbeiten stellen.“ Ohne Förderung können Eigentümer die Kosten von der Steuer absetzen.