DeinWeg Timo Bäcker: SWARM Nutrition

Unser Ding

Wir sind Dani, Christopher und Timo. Gemeinsam bringen wir Insekten als Lebensmittel auf den westlichen Speiseplan. Denn Insekten bieten nicht nur hochwertige Nährstoffe wie Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Sie sind auch äußerst nachhaltig und verbrauchen nur einen Bruchteil an Futter, Land und Wasser und produzieren kaum Treibhausgase im Vergleich zu Vieh. Nun ist das Essen von Insekten in unserem Kulturraum eher ungewöhnlich. Daher richten wir uns mit unserer Marke „SWARM Protein“ im ersten Schritt an Sportler, die hochwertige Lebensmittel zu schätzen wissen und gleichzeitig offen für neues sind.

Nach zwei Jahren schweißtreibender Arbeit haben wir es endlich geschafft, unser erstes Produkt zu präsentieren: Den Insektenriegel. Der Weg hierhin war für uns ein persönliches Abenteuer und unternehmerisches Risiko. Wir möchten euch kurz auf diesen Weg mitnehmen.

Unser Weg

Bangkok, 2015, mitten in der Nacht. Touristen aus aller Welt drängen sich über die Drehscheibe des klassischen Backpack-Abenteuers: Die Khao San Road. Hier gibt es ein riesiges Angebot an Bier, Kitsch und Kuriosem. Mittendrin stehen wir, Christopher und Timo. Unsere Mission: Insekten essen! Wir haben uns in den Kopf gesetzt, Insekten auf den westlichen Speiseplan zu bringen. Immerhin könnten Insekten laut den Vereinten Nationen eine Lösung der nahenden globalen Nahrungskrise sein. Warum also die Insektenindustrie nicht an einem ihrer Hot-Spots erforschen? Südostasien! Erster Stop: Thailand.

Einschub: Für diese Forschungsreise haben Christopher und Timo ihre bisherigen beruflichen Reisen beendet. Timo hatte zuvor einige Jahre als Designer gearbeitet und seinen Job gekündigt, Christopher hat zwei Tage vor dem Flug nach Bangkok seine Dissertation eingereicht. Beide waren sich bewusst: Hier beginnt nun ihr unternehmerischer Weg.

Tatsächlich ist es ziemlich einfach auf der Khao San Road etwas Krabbelndes zu essen zu finden. Die Touristen interessieren sich jedoch nur dafür, möglichst exotische Schnappschüsse auf Instagram zu posten. Ihre zaghaften Bisse versuchen sie eindrucksvoll und mutig in Szene zu setzen. Und genauso taten wir es ihnen gleich: Aufgeregt, gehemmt und unerfahren. Die Verköstigung der ersten Tüte frittierter Raupen dokumentierten wir fotografisch rauf und runter. Es war ein Hauch an Nervenkitzel zu spüren, der Geschmack ließ aber unbestreitbar noch einiges zu wünschen übrig.

Darauf folgte dann die ernüchternde Erkenntnis: So wird das nichts mit der Nahrungsrevolution. Außer als kurzfristige Mutprobe und als exotischer Schocker bei der nächsten Dia-Show wird den Insekten und ihrer Relevanz als Zukunftsnahrung keine Beachtung geboten. Könnte das vielleicht einfach am Touristen-Moloch Bangkok liegen? Auf der Suche nach einem authentischeren Blick kauften wir uns daraufhin zwei Motorräder und machten uns auf einen 4.500km langen Trip durch Vietnam, Laos und Thailand. Immer mit dem Vorsatz, alles zu essen, was wir an Insekten finden konnten (zumindest diejenigen, die als Nahrung gedacht waren …).

Laotischer Regenwald – acht Wochen und viele Insekten-Speisen später. Wir sind völlig durchnässt (es gibt einen Grund, warum es „Regenwald“ heißt). Wir halten an einem kleinen … nennen wir es „abgelegenen Rastplatz“. Selbstverständlich wird hier der angepriesene gemischte Insektenteller bestellt. Ein wilder Mix an glitzernden Käfern und stachelbewährten Hornissen (wobei uns bis heute noch nicht klar ist, um was es sich genau handelte). Wir verputzen den Teller ohne zu zögern bis auf den letzten Bissen. Mittlerweile hatten wir uns daran gewöhnt, Insekten zu essen. Im Laufe der letzten Wochen hatten wir alles gegessen, was im Entferntesten sechs Beine und zwei Antennen hatte. Von riesigen Wasserwanzen über Grillen zu Seidenraupen und grün schimmernden Käfern. Über diesen Prozess konnten wir Akzeptanz für Insekten als Nahrungsmittel aufbauen.

Obwohl wir am eigenen Leib erfahren haben, wie schnell man sich an einen Insekten-Snack gewöhnen kann, war uns auch klar, dass ganze Insekten im Westen erstmal nicht ernsthaft funktionieren werden. Die kulturelle Distanz ist noch zu groß – und der heimische Tellerrand zu hoch. Es lag also nahe, die ungewohnte Optik etwas zu entschärfen. Also weniger Augen, Beine und Antennen. Und wir müssen Menschen erreichen, denen die herausragenden Nährstoffe und die ökologischen Vorteile überzeugen.

Und hier kam Dani ins Spiel. Wir alle sind zusammen zur Schule gegangen. In Wipperfürth, einer kleinen Stadt im Oberbergischen Land. Nach der Schule haben sich unsere Wege erstmal getrennt. Dani hat Sport- und Ernährungswissenschaften studiert und mittlerweile eine Familie in Innsbruck gegründet. Aber das Kleinstadterbe wird man nicht los und der Kontakt bricht nie völlig ab. Dani hatte sich im Rahmen ihrer Masterarbeit speziell mit Aminosäuren in der Regeneration nach dem Sport beschäftigt und so kamen wir schnell überein, dass Insekten im Sport perfekt aufgehoben sind. Nun stellte sich jedoch die Frage, woher wir die Insekten beziehen. Wir wollen, dass unser ökologisch nachhaltiger Rohstoff auch sozial nachhaltig ist. Also haben wir über eine thailändische Freundin den Kontakt zu Kleinbauern in ländlichen Thailand gesucht. Immerhin gibt es dort über 20.000 Kleinbauern, die Grillen speziell für den Verkauf auf lokalen Märkten züchten. Hier stößt man schnell auf sprachliche und kulturelle Grenzen. Das erschwert eine zielführende Kommunikation und den Aufbau von Vertrauen. Daher war es für alle immens wichtig, dass wir uns persönlich in Thailand getroffen haben. Für uns, um zu sehen, wie die Insekten gezüchtet werden und das insbesondere marginalisierte Gruppen (Frauen und ältere Menschen) an der Zucht beteiligt sind. Für die Thais, um sich davon zu überzeugen, dass wir es wirklich ernst meinen, Grillen zu einem Pulver zu vermahlen und nach Europa zu exportieren. Immerhin sind vermahlene Insekten kein originäres Thai-Produkt – dort werden die Tiere als Ganzes verspeist.

Und hier fing unsere unternehmerische Reise erst richtig an. Wir entwickelten etliche Produktvarianten. Auf dem Papier geht so eine Produktentwicklung sehr schnell, doch etwas physisch zu erschaffen, ist wieder etwas anderes. Neben der Produktentwicklung nahmen wir den Kampf gegen die Bürokratie auf. Uns wurde gleich zu Beginn davon abgeraten, einen neuen Rohstoff verwenden zu wollen. Die bürokratischen Hürden seien unüberbrückbar. Aber wir haben uns auf die beiden treibenden Kräfte in unserem Team verlassen: Naivität und Netzwerk. Naivität, da unser Credo ist, dass es „so schwer nicht sein kann“. Netzwerk, da wir jeden angesprochen, angeschrieben und angerufen haben, der nicht bei drei auf den Bäumen war. Und so konnten wir ein Hindernis nach dem anderen überwinden und nicht einmal zwei Jahre nach unserer Südostasien-Reise, waren wir die ersten in Deutschland, die vermahlene Insekten in Produkten verwenden durften.

Wir wollen Insekten als nachhaltiges Nahrungsmittel salonfähig machen und im westlichen Markt verankern. Auf diesem Weg konnten wir schon viele Erfolge feiern und sind weit gekommen. Wir haben unser erstes Produkt erfolgreich über Crowdfunding finanziert und mit knapp 56.000 EUR die erfolgreichste Kampagne für ein Insektenprodukt weltweit abgeschlossen. Über 1.200 Unterstützer freuen sich auf unsere Produkte. Wir sehen dies als ein Zeichen, dass Menschen bereit sind, sich auf ungewöhnliche Lösungen einzulassen, um Lebensmittel nachhaltiger zu machen. Langfristig soll es aber nicht bei Sportnahrung alleine bleiben. Sportnahrung ist der Anfang und ein ideales Einstiegssegment für die Sensibilisierung der Konsumenten. Bis wir allerdings mit Insektenprodukten auch nur eine Delle in den gigantischen Fleischmarkt schlagen können, braucht es noch viel Zeit und Überzeugungskraft. Auf diesem Weg heißt es: Einen Schritt vor den anderen.

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