So wichtig ist der Blick in die Zukunft


Rolf Mertens ist Head of Advanced Analytics bei ERGO

Magazin, 21.01.2020

Welcher Kunde wird in Zukunft wahrscheinlich kündigen? Unter anderem diese Frage beschäftigt Rolf Mertens als Head of Advanced Analytics bei ERGO. Im Interview erklärt Mertens, warum Vorhersagemodelle für eine Versicherung so wichtig sind.

Rolf Mertens

Wie ist Ihr persönlicher Werdegang bei ERGO?

Rolf Mertens: Ich habe Mathematik und Informatik an der RWTH in Aachen studiert und bin seit 1992 bei ERGO. Hier habe ich im IT-Bereich angefangen, wo ich siebzehn Jahre lang in der Software-Entwicklung gearbeitet habe – konkret als Leiter in der IT-Koordination Komposit. 2009 habe ich dann die Leitung des Spartenmanagements Privatkunden Haftpflicht- und Sachversicherungen übernommen. Die Produktentwicklung, das Portfoliomanagement und die damit verbundene intensive Zusammenarbeit mit unseren verschiedenen Vertrieben haben mir unheimlichen Spaß gemacht. Da freut es natürlich, dass wir sogar einige Innovationspreise haben gewinnen können.

Im Rahmen der Entwicklung unseres Smart Home Produktes habe ich dann näheren Kontakt zu Mark Klein (Chief Digital Officer bei ERGO; d. Red.)erhalten. Er wollte den Bereich Advanced Analytics neu aufstellen, mit dem Ziel die entwickelten mathematischen Vorhersagemodelle konsequent in die operativen Geschäftsprozesse zu integrieren, sodass wir damit echten wirtschaftlichen Nutzen generieren. Meine Kenntnisse in den Bereichen Mathematik und IT als auch das über viele Jahre angesammelte Versicherungswissen haben dann dazu geführt, dass ich seit Beginn des Jahres 2019 Head of Advanced Analytics bin.

Was genau tun Sie als Head of Advanced Analytics?

Mertens: Ganz allgemein kann man sagen, dass wir in unserem Team Vorhersagemodelle entwickeln, die wir in den verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette der ERGO Group einsetzen, um diese zu verbessern. Beispielweise im Schaden- und Leistungsmanagement oder im Kundenservice und das national und international. Meine Aufgabe ist es mit meiner hoch qualifizierten Mannschaft, bestehend aus Data Engineers, Data Scientists und Enablement Managern, zusammen mit den Fachbereichen und der IT die entsprechenden Projekte von der Idee bis zur praktischen Nutzung umsetzen. Der Bereich ist 2016 aus einem Strategieprojekt entstanden und umfasst mittlerweile 27 Mitarbeiter.

Geht es vor allem um Künstliche Intelligenz?

Mertens: KI ist das Schlagwort, welches viele Menschen kennen. Allerdings entwickelt es sich hin zu einem Marketing-Begriff. Nicht überall wo KI draufsteht, ist auch KI drin. Unser Bereich entwickelt Vorhersage-Modelle, dabei spielen selbstlernende neuronale Netze natürlich eine wichtige Rolle. Es gibt aber auch noch eine Reihe anderer mathematischer Methoden, um Vorhersagen zu modellieren.

Wir beschäftigen uns allerdings nicht damit, herauszufinden warum etwas passiert ist, sondern damit, was wahrscheinlich passieren wird und was wir dann tun können. Um es mal an einem Beispiel zu erklären: Wenn wir in einem Geschäftsbereich einen Beitragsrückgang sehen und es unter anderem daran liegt, dass wir eine hohe Stornoquote haben, dann ist dies das Ergebnis einer klassischen Analyse zur Ursachenforschung; quasi ein Blick in den Rückspiegel. Advanced Analytics hingegen beschäftigt sich mit der Frontscheibe und sagt vorher, welche unserer Kunden in Zukunft wahrscheinlich kündigen werden. Wir können diese Information dann nutzen, um Kundenbindungsmaßnahmen darauf aufzusetzen.

Warum ist dieser Bereich für ERGO besonders wichtig?

Mertens: Es steckt in der DNA einer Versicherung, sich mit der Zukunft und künftigen Ereignissen zu beschäftigen. Die Aktuare (Versicherungsmathematiker; d. Red.) leiten daraus beispielsweise die richtige Prämienhöhe ab. In unserem Bereich nutzen wir diese Methoden, um zum Beispiel eingehende Kunden-E-Mails zu „verstehen“ und diese an die verantwortliche Stelle zur Bearbeitung zu leiten. Dadurch entfallen die interne Weiterleitung und das damit verbundene mehrmalige Lesen der Mails. Unsere Kunden profitieren dann von einer schnelleren Bearbeitung. Also gleiches Mindset, verschiedene Einsatzmöglichkeit.

Was steht denn im Jahr 2020 in Ihrem Bereich an?

Mertens: Wir wollen unsere Analytics-Fähigkeiten in diesem Jahr vor allem bei der Klassifizierung der eingehenden Post sowie in der Optimierung der Leistungsbearbeitung in der Krankenversicherung einsetzen. Das sind große Massenprozesse, bei denen wir Routinearbeiten automatisieren wollen. Dadurch schaffen wir Raum, damit sich unsere Mitarbeiter intensiver um die komplizierten und wichtigen Tätigkeiten ausreichend kümmern können. Dabei wird die Realtime-Integration in unsere bestehenden IT-Systeme eine große Herausforderung sein, die es zu lösen gilt. Die richtigen Daten in ausreichender Menge finden und aufzubereiten, dann die Modelle darauf zu entwickeln und anschließend das Ganze vollständig in die Geschäftsprozesse zu integrieren, so dass ein Nutzen für unsere Kunden, unsere Vertriebspartner, unsere Mitarbeiter und natürlich dem Unternehmen selbst entsteht, das ist unser Ziel, an dem wir uns messen lassen wollen.

Was machen Sie außerhalb Ihrer Arbeit gerne?

Mertens: Ich bin absoluter Familienmensch, liebe den Karneval und mag Joggen, Golfen und Reisen.

Das Interview führte Benjamin Esche

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