Smart Hospital: Die Zukunft der Medizin


Digitalisierung & Innovation, 22.02.2018

Wie entwickeln sich die Medizin und der Arztberuf in der Welt von morgen? Werden die Patienten nur noch von Dr. Robot begrüßt, diagnostiziert und therapiert? Über dieses Thema diskutierten die Top-Experten der DKV mit Referenten aus Forschung, Politik, Universitätsmedizin und ERGO bei ihrer Gesamttagung Mitte Januar 2018 in Köln. 

Prof. Jochen Werner, Vorstand und Ärztlicher Direktor der Universitätsmedizin Essen, beleuchtete eingangs den Weg zu einem weitgehend digitalisierten „smart hospital“. Laut einer Roland Berger Studie haben bundesweit 90 Prozent aller Krankenhäuser eine Digitalisierungsstrategie entwickelt. „Digitalisierung kann für Kliniken einen richtigen Innovationssprung bedeuten. Digitalisierung darf aber kein Selbstzweck sein. Das Ziel ist die Heilung der Patienten zu fördern und Nutzen für Diagnose und Therapie zu stiften. Ebenso wichtig: die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern“, umreißt Werner den Nutzen. Die Handlungsfelder für die Transformation im Krankenhaus sind weit angelegt. Felder sind unter anderem eine elektronische Patientenakte, Telemedizin, IT-Sicherheit und Assistenz– und Pflegerobotics. Diese Klinik-Roboter sind auf die Kliniksituation zugeschnitten. Sie sind häufig am Krankenbett angesiedelt. Ihre Aufgaben sind die Mobilisierung des Patienten oder die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme.

Um die digitale Transformation erfolgreich durchzuführen, muss die Akzeptanz von Hilfsmitteln wie Telemedizin und Pflegeroboter bei den Patienten allerdings noch steigen. Dem ERGO Risiko-Report zufolge, der im Februar in Berlin veröffentlicht wurde, versprechen sich nur 20 Prozent der Befragten einen Nutzen von Pflegerobotern und Telemedizin.

Krankheiten erkennen mit Hilfe von Deep Learning

Dr. Tonio Ball leitet das Translational Neurotechnology Lab in Freiburg. Für ihn eröffnet sich durch die Vernetzung von Informatik, Computertechnik und Neurowissenschaften ein ganz neuer Forschungskontinent. Schon länger beschäftigt er sich intensiv mit Deep Learning und künstlichen neuronalen Netzen. Dabei setzt Ball auf künstliche Intelligenz. „Mit den heutigen Methoden können wir nur 90 Prozent der Gehirnsignale richtig interpretieren. Selbstlernende Algorithmen können das bald deutlich schneller und besser auswerten als der Mensch.“ Zurzeit forscht er an einer Deep Learning basierten Gehirn/Computerschnittstelle. Menschliche Gehirnaktivitäten werden entschlüsselt. Damit erkennt man Krankheiten. Oder kann akute Vorfälle wie Epilepsie verhindern. Gelähmte sollen künftig über ihre Gedanken ein Menü steuern und einem Roboter einen Befehl geben. „Hole mir bitte ein Glas Wasser.“ Dafür braucht der Roboter heute noch relativ lange. Aber Ball ist optimistisch. Es dürfte nur noch wenige Jahre dauern, bis diese Ideen in der Medizin angewendet werden.

Krankenhäuser als Ziel von Cyber-Attacken

Schon in der rein analogen Welt waren Krankenhäuser sehr störungsempfindlich. Sie gehören deswegen zur kritischen Infrastruktur. Seit Jahren gibt es zur Gefahrenabwehr den UP KRITIS. Das ist eine öffentlich-private Kooperation zwischen Betreibern kritischer Infrastrukturen. Durch den Einzug neuer digitaler Anwendungen hat sich ihre Verwundbarkeit deutlich erhöht. Stefan Becker, Referatsleiter im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, wartete direkt mit beunruhigenden Zahlen auf. So war im Jahr 2015 jedes zweite von über 1000 befragten Unternehmen von Datenklau, Spionage oder Sabotage betroffen. In den Jahren 2016 und 2017 waren es bereits 70 Prozent der Unternehmen und Institutionen. Er warnte eindringlich davor, das Gefährdungspotential für Krankenhäuser zu unterschätzen. Aus seiner Sicht ist es nicht die Frage, ob man betroffen ist, sondern nur wann. Er empfiehlt Prävention, indem der Umgang mit kritischen Vorfällen permanent geübt wird. Die in seinem Haus angesiedelte Allianz für Cybersicherheit bietet sich hier als Anlaufstelle an. IT-Sicherheitskompetenz könne zum Beispiel auf Cybersicherheitstagen und im Übungszentrum Netzsicherheit trainiert werden.   

Uwe Schnödewind, Bereichsleiter bei der DKV, stellte einige aktuelle Projekte und Anwendungen der ERGO vor. Dazu zählen die GesundheitsApp, Data Analytics im Krankentagegeldbereich und Künstliche Intelligenz bei Chat-Bots. Seine Botschaft war klar. „Wir haben nur dann rundum gut versorgte und zufriedene Kunden, wenn wir dem Kunden vernetzte Kommunikationskanäle anbieten. Der Kunde entscheidet, wie er uns kontaktiert. Wir reagieren dann entweder digital oder analog. Deshalb gibt es bei uns neben den digitalen auch weiterhin die analogen Kanäle.“

Von Birgit Fissahn

Ähnliche Beiträge

Digitalisierung & Innovation 06.03.2018

Digitalisierung bei ERGO: Mark Klein im Video-Interview

Verena Fink von Digital Woodpecker hat für das DUB Unternehmer-Magazin ein Interview mit unserem CDO Mark Klein geführt. Dabei ging es unter anderem um die Digitalisierungsstrategie von ERGO, die Arbeitsweise von nexible, die Bedeutung von Freiräumen für neue Ideen und warum es sich für junge Leute lohnen würde, Programmiersprachen zu lernen.

Magazin 23.07.2018

Digital Health

Im dritten Teil unserer Serie zum Tech Trend Radar werfen wir einen Blick auf digitale Gesundheitsdienste und die kürzlich von der DKV gemeinsam mit IBM eingeführten elektronischen Gesundheitsakten.

Magazin 12.07.2017

Ärztechat: Sprechstunde eröffnet

Ohne lange Wartezeit einfach mit einem Arzt sprechen? Das geht mit dem neuen Ärztechat der DKV. Mediziner aus unterschiedlichen Fachbereichen stehen in Echtzeit Rede und Antwort.